Erfolgreiche 11. Jahrestagung in Bielefeld
„Der Joghurtbecher kann nichts dafür!“
„Wenn du den Wert von Kunststoff kennen lernen willst, versuche, ohne ihn auszukommen“, hieß es im Einladungstext zur 11. Jahrestagung des Vereins Kunststoffe in OWL e.V.. Am 25. September fand das Treffen des Branchennetzwerkes im Konferenzbereich der Fachhochschule (FH) Bielefeld statt. Der Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Mathematik (IuM) ist auch in diesem Jahr Veranstaltungspartner, weshalb Prof. Dr. Christoph Jaroschek, Spezialist auf dem Gebiet der Kunststoffverarbeitung und Lehrender des Fachbereichs IuM, die rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Industrie und Hochschule – darunter auch 10 Studierende – in der FH Bielefeld willkommen hieß.
„Kunststoffe schaffen und erhalten Werte unter Schonung von Ressourcen. Sie sind tragende Säulen unseres heutigen Wohlstands und nur mit Kunststoffen ist weiterer Fortschritt möglich, weshalb wir die heutige Veranstaltung unter dem Motto ‚Kunststoffe – viel. mehr. Wert.‘ begehen“, so die Grußworte von Stefan Schmedding, Vereinsvorsitzender von Kunststoffe in OWL e.V.. Der Verein zählt aktuell 51 Mitglieder aus der gesamten Wertschöpfungskette entlang des Materials Kunststoff sowie zahlreiche Institutionen und Körperschaften in Ostwestfalen-Lippe.
Die Gäste der Kunststofftagung konnten im Laufe des Tages fünf Fachvorträgen aus der Unternehmenspraxis sowie der Hochschule zu aktuellen Fragestellungen der Branche folgen. Darunter beispielweise ein Vortrag von Patentanwalt Dr. Frederik Behrends zur Schutzrechtsstrategie oder auch der Beitrag „Cost Engineering in der Kunststoffproduktion“ von Prof. Thilo Gamber, Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe.
Einen Höhepunkt des Programms bildete, wie schon in den Vorjahren, die Verleihung des Kunststoff-Innovationspreises für Neuerungen und Entwicklungen, die zukunftsorientiert und nachhaltig die Kunststofftechnik und deren Anwendungen sichern und vorantreiben. Der Preis in der Kategorie Nachwuchs ging an Lennard Haase von der FH Bielefeld und ist mit 500,-€ seitens des Vereins Kunststoffe in OWL e.V. dotiert. Seine Bachelorarbeit überzeugte die Jury durch eine gelungene Kombination aus Literaturrecherche zu einem bekannten Problem, Kreativität und Innovationsgeist bezüglich neuer Lösungsansätze zur Beheizung von Werkzeugen, beharrlicher Verfolgung von Untersuchungsreihen und einer wissenschaftlich fundierten Auswertung. Der Preis in der Kategorie Industriepreis ging für die Entwicklung des Software Tools Vipra – Virtuelle Produktionsassistenz an die SHS plus GmbH. Dr. Kenny Saul nahm diesen als Geschäftsführer des Unternehmens, stellvertretend für das Mitarbeiterteam, vom Vereinsvorsitzenden Stefan Schmedding entgegen.
Besonderer Veranstaltungsfokus lag darüber hinaus auf der Podiumsdiskussion zum Leitthema „Kunststoffe – viel. mehr. Wert.“, moderiert von Dirk Menzel, Leitung Kommunale Koordinierungsstelle Schule-Beruf. „Der Werkstoff Kunststoff steht im Zentrum vieler Diskussionen in der Öffentlichkeit. Wir wollen zur Versachlichung der Debatte um Kunststoffe beitragen und möglichst viele Seiten der Auseinandersetzung beleuchten, was mir als Nicht-Ingenieur sicherlich etwas leichter fällt“, folgert Menzel. Auf die einleitende und etwas provokante Frage, ob man nicht generell weniger Kunststoffprodukte herstellen könne, startete eine angeregte Diskussion, aus der heraus auch folgendes Statement von Prof. Rudolf Herbers, Universität Bielefeld, stammt: „Häufig ist das Problem nicht der Kunststoff an sich, sondern der Umgang damit. Der Joghurtbecher kann nichts dafür, dass er in der Umwelt landet!“. Jan Ottensmeyer, Geschäftsführer der AGOFORM GmbH schloss an: „Die Frage ist doch auch, was ist uns der Umweltschutz wert. Ich kann problemlos einen CO2-neutralen Besteckeinsatz fertigen, diesen müsste ich aber teurer anbieten und dann stellt sich zwangsläufig die Frage, ob ich als Unternehmen noch konkurrenzfähig bleibe“. Man war sich einig, dass diese Frage nicht am Regal entschieden werden könne. Weder Verbraucherinnen und Verbraucher, noch das herstellende Unternehmen könne dies alleine entscheiden. Ingenieurinnen und Ingenieure müssten viel früher eingebunden werden. Schon vor Produkterstellung müsse klar sein, wo dieses Produkt mal landen könne und wie es wieder recycelt werden kann. Darüber hinaus entstand eine lebendige Diskussion zum Fachkräftemangel. „Wir dürfen beispielsweise das Fach Chemie nicht mit Umweltverschmutzung gleichsetzen. Wir brauchen junge Leute, die sich für diese und ähnliche Fachrichtungen begeistern und neue kluge Ideen entwickeln“, so der Aufruf von Prof. Herbers.
„Es freut uns als Verein sehr, dass wir in diesem Jahr insbesondere für die Vielfalt des Programms und die sich jeweils anschließenden, teilweise hitzigen und dadurch besonders interessanten Diskussionen mit Mehrwert für alle Beteiligten gelobt wurden“, berichtet Katja Seibel, die seit dem 01.08.2019 die neue Geschäftsstelle in Lemgo leitet.